Sydney 26 - Elektroschocktherapie und seufzende Nähmaschinen

Hey alle zusammen. Vor acht Wochen habe ich das letzte Mal einen Blogeintrag geschrieben. Eure ergebene Schreiberin war bei allem, ausser dem Blog, äusserst fleissig. Ich habe Essays, Proposals, Programme und Präsentationen geschrieben. Zwischendurch nähte ein Wikingerkleid für mich und eine Tunika für David, feierte das St. Ives Festival mit einer Horde Wikinger sowie mein erstes Ursulan Feast. Ich bin nun offiziell in einer De-Facto Beziehung und suche nach einem Job.

Aber wie immer erst einmal alles der Reihe nach.

Als ich den letzten Blog beendete war ich dabei mein Wikingerkleid und Davids Tunika zu nähen. Es wurde recht hübsch. Das Problem war anfangs nur, dass ich eine weisses Untergewandt (sieht aus wie ein sehr langes Nachthemd) und eine orangefarbene Schürze, resp. Überkleid kreierte. Wie es sich für einen guten Partner gehört, hat David mich natürlich damit aufgezogen, dass ich wie eine Hare Chrischna Jüngerin aussähe. Er wurde richtig kreativ und stimmte seine eigenen „Hare Hare Chrischna“ Liedvariationen an, wann immer das Kleid zum Gesprächsthema wurde. Das fertige Kleid sah dann zum Glück nach Wikinger und nicht nach Sektenjüngerin aus. Nachdem ich Davids Tunika fertig hatte, ist mir leider meine Nähmaschine verreckt. Das arme Ding. Um zwei Uhr morgens vor dem St. Ives Mittelalterfest habe ich noch versucht sie zu reparieren. Sie nähte noch eine letzte Bordüre und dann nur noch maschinelles Seufzen. Ich werde sie zur Reparatur bringen müssen.

Ich nahm einen recht frühen Zug nach St. Ives, was etwa ein bis zwei Stunden von Sydney entfernt liegt. Das Fest sah fantastisch aus. Es gab viele Heerlager, von welchen die meisten das Leben der Wikinger darstellten. Manche zeigten traditionelle Instrumente  wie Drehleiern, Schalmeien und Lauten. Andere stellten Möbel und Werkzeuge her. In der Mitte hatten die Wikinger einen kleinen aber feinen Kampfring, in welchem sie ausser Zweikämpfen auch die Mittelalterversion von Fussball spielten. Es gibt praktisch keine Regeln und man verwendet noch zusätzlich ein Paddel.
Nicht weit davon war die grosse Arena, in welcher die Schwertkämpfer sich gegenseitig aufs Dach gaben. Ich habe das Tjosten leider verpasst. Dafür sah ich die Schwertturniere.  Es gab auch Stände mit Schmuck, Kleidung, Waffen und Essen. Allerdings gab es nur eine Taverne und keine Konzerte. Da könnten sich die Aussies noch etwas vom Mittelalterlich Phantasie Spectaculum abschauen.

Es waren 34° C an dem Tag, so dass ich um die Mittagszeit mein „deutsche Schankmaid“- Kleid anzog. Das Wikingerkleid, so schön es auch ist, besteht aus Leinen und hat lange Ärmel. Nicht gerade hitzetauglich. Ich half die meiste Zeit am Stand meines Mittelalterklubs aus. Am Morgen verteilte ich Flyer für all die holden Damen und edlen Recken, die Schwertkampf, Bogenschiessen, Fechten, Brauen, Nähen oder Musizieren in unserem Club lernen möchten. Natürlich alles im Mittelalterstil. Wer mich kennt, weiss ja, dass ich gesprächig und so gar nicht scheu bin, weshalb ich das Flyern gerne getan habe.

David kam so gegen zwei Uhr und wir schlenderten etwas über das Festivalgelände. 
















Leider musste er früher gehen, um zu sehen wie seine Jungs (the Giants) das Halbfinale verloren. Ich blieb hingegen mit den anderen zurück. Die Leute waren gut drauf und nach dem Abendessen, war das Festival offiziell geschlossen, aber nicht für die Heerlagerleute. Für uns blieb die Taverne noch bis zehn Uhr geöffnet. Was alle natürlich gerne in Anspruch nahmen, vor allem jetzt, da die Sonne endlich untergegangen war und es etwas kühler wurde. Als man mir sagte, dass sie keinen Met mehr hatten, war ich untröstlich. Ich zog von Dannen und suchte den einzigen Ort auf, an dem ich den Poetentrunk noch finden konnte…Das Wikinger Heerlager.

Es war dunkel und das Lager war nur erhellt durch ein kleines Feuer. Die Wikinger waren jedoch nicht zu überhören. Sie standen grölend und johlend in einem Kreis um eine Bank. Auf dieser Bank standen zwei Wikinger in der Hocke. Der eine hielt die linke Hand an seine Wange. Der andere holte aus und gab ihm eine zünftige Schelle, so dass der gebackpfeifte von der Bank purzelte. Grosses Gejubel folgte und der nächste Herausforderer ging in Position. Ich ging zu einem der Wikinger hin und fragte ihn, ob er auch anträte. Er verneinte und bot mir Met an. Mission accomplished.

Ich füllte dankend mein Trinkhorn und schaute mir den nächsten Wettkampf an. Dieses Mal wurden den Kontrahenten die Augen verbunden. Sie hatten eine Hand auf der Bank und in der anderen Hand hielten sie einen Sack. Ich weiss nicht, was in dem Sack war. Sah wie ein Wäschesack aus. Das Ziel war, die andere Person mit diesem Sack irgendwo am Körper zu treffen. Da beide nicht sehen konnten, durfte der Titelverteidiger nur sagen „Do you want to feel my sack?“ und der Herausforderer hatte zu antworten. Die meisten sagten: „No“, oder „Hell no!“. Und dann flogen die Säcke. Gegen zehn Uhr wurde ich dann müde und nahm den Zug nach Hause. Was für ein schöner Abschluss.

Am Sonntag gingen David und ich in den Australian Reptile Park, der etwa anderthalb Stunden von Sydney von meiner Gegend entfernt liegt. 


Wir fingen mit Schlangen und Echsen an, sahen ein paar Krokodile und drei beeindruckend mächtige Galapagos Schildkröten. Das grösste Krokodil hiess Elvis und hatte eine Show, die wir uns ansahen. Der Tierpfleger erklärte uns Dinge über Elvis und seine Artgenossen aus Darwin, wo er auch herstammte. Natürlich wurde er unter kollektivem „oh“‘s und „uuh“‘s gefüttert. Warum ist die Fütterung eines riesigen Krokodils so erstaunlich? Wegen dem lauten Schnappgeräusch, das es macht, wenn es zubeisst. Das flösst einem Respekt ein. Gegen drei oder vier fuhren wir wieder nach Hause, wo wir dann den Abend bei Fish’n’Chips und einem Film oder Serie ausklingen liessen.
In der folgenden Woche (letzte Septemberwoche) waren Semesterferien. Da ich allerdings körperlich recht angeschlagen war, konnte ich dort nicht viel tun. Selbst das Gehen viel mir schwer. Es waren immer noch meine Hüften, die mir zu schaffen machten. Ich war für eine Weile gar nicht gut drauf. Irgendwann beschloss ich dann meinen Physiotherapeuten gegen einen Chiropraktiker einzutauschen, was endlich mal konstant für Besserung sorgte. Dazu später mehr.

Ende September war ein langes Wochenende, da der Montag ein freier Tag war. Am Samstag gingen wir nach Manly. Wir waren nicht die einzigen, wie es schien. Es war ein schöner Tag und in Manly fand ein Jazz Festival statt. Das Suburbzentrum war voller Leute. Wir assen einen schlechten, überteuerten Burger, lagen etwas am Strand in der Sonne und kauften Mövenpick-Eis. Das ist immer der krönende Abschluss eines Ausfluges nach Manly, mal abgesehen von der Überfahrt mit der Fähre. Ich bekomme mein heiss geliebtes, zartes Schweizer Schokoladeneis von Mövenpick. Ich kenne nur eine weitere Mövenpickeisdiele. Jawohl, kein Coop oder Denner hier in Sydney. Coles und Woolworths haben nur die grossen Mövenpickeiskübel, wenn überhaupt.

Am Sonntag war ich zum ersten Mal Angeln mit David. Die Angelrouten stammten noch von Igor und Camille, welche sie damals mit ein paar anderen Sachen zurückliessen, nachdem sie nach Hongkong abhauten. Wir gingen irgendwo in die Nähe von Cronulla und packten die Klappstühle aus. Wir haben nichts gefangen, aber es war recht schön und entspannend.

Nach der einen Ferienwoche, die man so Mitten im Semester geschenkt bekommen hat, fingen auch schon die ersten Jacarandas zu blühen. Ich war richtig glücklich diese lilafarbenen Blühten zu sehen. Sie stehen für den Frühling und der Legende nach können sie über den Erfolg deines Studiums entscheiden. Es heisst, dass wenn du noch nicht mit dem Lernen für die Prüfungen begonnen hast, bevor der Jacaranda seinen ersten Blühten zeigt, wirst du nicht bestehen. Angeschmiert und Ätschi Bätschi! Ich habe keine Prüfungen sondern nur Arbeiten, die abgeben muss. Es lebe das Masterstudium in der Soziologiefakultät.
Hier noch ein paar Jacarandas in Blühte auf dem Campus.








In der Woche habe ich wieder angefangen mich für Jobs zu bewerben. Es war der ideale Zeitpunkt, da ich für das Visum noch Geld brauchte, es aber auch gerade eine ruhige Phase im Semester war. Die Ruhe vor dem Sturm. Ich habe dann tatsächlich noch einen kleinen Job abgestaubt. Es war nichts Grosses und hat auch nicht lange gedauert, aber das Geld konnte ich gut gebrauchen. Ich habe bei der Vorbereitung für eine Konferenz geholfen.

Am Dienstag ist dann etwas Wunderbares passiert. Wir trafen uns mit dem Mittelalterklub zum Abendessen im Forrest Lodge Pub, wie jeden Dienstag. Auch dieses Mal verkauften sie Lose für einen „Meat-Tray“ also einem Tablett voll mit Fleischwaren. Der Erlös geht an die hiesige Primarschule. Ich bin nun schon seit eineinhalb Jahren im Mittelalterklub,  gehe fast jeden Dienstagabend mit ihnen im Pub essen und habe schon unzählige Male Lose für diesen Meat-Tray gekauft. Am 10. Oktober 2017 hat unser Tisch endlich ein Gewinnerlos gezogen. Wir legen immer alle das Geld zusammen und kaufen einen Haufen Lose. So wussten wir also nicht, wem am Tisch das Gewinnerlos eigentlich gehörte. Wir vereinbarten, dass wir dann in der Woche darauf ein BBQ bei mir zu Hause veranstalten werden.



Am Ende dieser Woche gingen Camilla, Sanaz, Anthony, zwei Mädels und einen Typen, deren Name mir nicht mehr einfallen will, ans Noodle Festival im Hyde Park im Stadtzentrum. Es waren vollgestopft, wie letztes Jahr und die Auswahl war riesig… genauso wie die Schlange vor den Ständen. Ich habe mir dann einfach etwas von dem Stand geholt, vor welchem die wenigsten Leute warteten. Dafür gab‘s dann koreanisches BBQ. Es war äusserst lecker und wir teilten unser Essen untereinander. Irgendwann gingen wir noch in eine Bar nahe der Oxford Street (wo der Mardi Gras war). Anthony hat auf dem Weg zur Bar seine Zigaretten ausgepackt und fing an zu rauchen. Es war schon schräg. Nach einem Jahr rauchfrei, habe ich einen äusserst komischen Bezug zu Zigaretten. Meine Suchtrezeptoren sagen mir beim Geruch des Rauchs, dass ich jetzt gerne eine anzünden würde. Mein Geruchssinn sagt mir, dass es einfach nur abstossend ist. Diese Ambivalenz ist etwas bizarr. Eine Hassliebe fasst schon. Wir tranken und redeten. Ich faltete wieder Kraniche. Gegen halb eins verliessen wir die Bar und ich wollte nach Hause. Ich kaufte noch Cola light in einem Laden, verabschiedete mich von allen und stieg in ein Taxi.

Am Samstag musste ich mich dann rausputzen, da der gesamte Rugby League Club (Männer- und Frauenmannschaft) zum Essen eingeladen wurde. Da wir ein Universitätsteam sind, dürft ihr drei Mal raten, wo wir das Essen hatten… Im Forrest Lodge Pub natürlich. Der Pub liegt praktischerweise unmittelbar neben dem Campus. Wir waren alle im Anzug oder Cocktailkleid aufgekreuzt und wurden auf Kosten des Vereins genährt. Das Essen war wie immer lecker. Es gab viele Reden, über Dinge, mit denen ich Euch nicht langweilen möchte. Sie waren alle recht glücklich darüber, dass wir jetzt auch ein Frauenteam haben und zum Dank dafür bekamen wir Sweaters. Dann gab es viele Gruppenfotos und die Sponsoren plauderten mit uns. 

Später blieben, dann nur noch die hartgesottenen und spielten eine Runde Pool. Als der Pub langsam leerer wurde, beschlossen ein paar Leute noch Karaoke singen zu gehen. Ich wurde stattdessen von David abgeholt und übernachtete bei ihm. Das war mir sehr recht. Ich war ziemlich müde und er war so lieb mich abzuholen, da meine Hüften immer noch wehtaten.

Am darauffolgenden Dienstag war dann das grosse BBQ für den Mittelalterklub. Am Tag zuvor haben meine Mitbewohner netterweise noch den Garten gereinigt und Blätter zusammengerächt. Wir haben einen grossen Gummibaum im Garten. Der sorgt für ordentliche Laub. Sie kamen alle so gegen zwei und drei Uhr nachmittags. Ich überliess zwei Jungs das Grillieren, da ich mich mit den hiesigen Fleischwaren nicht so auskenne. Die verkaufen rohe Würste. Das dauert dann natürlich länger, bis die gar sind.  Ich setzte mich mit den anderen in den Garten und genoss die Sonne. Gegen halb fünf war dann der ganze Spuk vorbei und die Leute gingen ins Arts & Science Meeting des Clubs auf dem Campus.  Ich war zu müde und blieb stattdessen zu Hause.

Für den Rest der Woche arbeitete ich an verschiedenen Essays und sonstigen Assignments. Am Donnerstag hiess es dann wieder anpacken. Am Samstag war das St. Ursula Feast geplant und ich habe mich für den Küchendienst gemeldet. Am Donnerstag traf ich den Küchenchef und half ihm bei den Einkäufen. Er ist auch der ehemalige König von Australien und Neuseeland. In der SCA (Society of Creative Anachronism) gibt es Kingdoms, Baronies und Colleges. Da es sich um einen globalen Verein handelt haben wir Königreiche in Schweden, den Niederlanden, in den USA, sowie Australien-Neuseeland. Wer König und Königin wird, entscheidet sich bei einem „Heavy fighter“ Turnier. Das bedeutet, schwerere Waffen als Pfeil und Bogen oder Degen (Schwerter, Äxte, Kriegshammer, etc.). Bevor die potentiellen Königinnen und Könige antreten, müssen sie ihren „Consort“ bestimmen. Wenn ich antreten würde, müsste ich vor dem Wettkampf sagen, dass ich David als meinen King Consort bestimme. Ich verzettle mich hier ein wenig. Auf jeden Fall reist die Royals von Festivals, Schlachten und Märkten durch ihr ganzes Königreich. Darüber sprachen der ehemalige König und ich als wir nach den historisch korrekten Zutaten suchten. Wir landeten irgendwann in einem Laden, der Körner, Samen, Nüsse und Gewürze verkaufte. David hat vor geraumer Zeit eine Vorliebe für Linsen entwickelt. Er isst recht viel davon und im Laden sah ich ein fünf kg Pack Linsen. Ich habe mir vorgenommen, ihm die zu Weihnachten oder zum Geburtstag zu schenken. Als ich ihm davon erzählt habe, meinte er, dass ihm das wahrscheinlich sogar noch gefallen würde.

Am Samstag ging ich morgens dann zum Feast, für welches wir die St. Peters School Aula gemietet haben. Als Katya und ich ankamen wurden wir sofort vom ehemaligen König eingespannt. Ich habe das Menü vorrangig einmal gesehen, aber war dann doch ob der Dimensionen überrascht. Wir hatten drei verschiedene Hummus? Hummi? Humma? Was ist nochmals der Plural von Hummus? Egal wir hatten auch noch einen Randendip, welchen wir „Hermanite Blood“ tauften. Das College of the Blessed Hermann ist ein feindliches College an der Universität von Adelaide. Die Hermanites sind die Mitglieder des Colleges. Wir Studenten an der University of Sydney  sind die Ursulans, weil wir das College of St. Ursula im Verein sind. Wieder zurück zum Kochen. Wir bereiteten Fenchelsuppe, eine Fleischbrühe, caramelisierte Karotten, Würste, weich gekochte Eier, Vanillecrème, irgendein Früchtekompott und noch vieles mehr zu. Wir waren etwa sechs Leute in der Küche und dauerbeschäftigt. Ich kam um elf Uhr morgens an und konnte gegen sieben Uhr abends mich zu den anderen in den Festsaal setzen. Die Baroness und der Baron von Rowany (Region Sydney) sind auch gekommen und sassen an einer Ehrentafel. Man hielt dann den Court ab, bei welchen verdienten Mitgliedern Orden verliehen werden. Die Brauereigilde hat netterweise einen Kanister voll mit Met für den Anlass gespendet, was für uns alle sehr gut reichte. Ich lernte an dem Abend auch den Bear Dance. Die Melodie kenne ich bereits von den deutschen Mittelaltermärkten oder von einem In Extremo Song. Auf jeden Fall wurden die Musiker immer schneller und so wurde das Ganze dann ein Wettbewerb, wer am längsten im Takt bleiben kann. Gewonnen hat die Lady Annelise, eine ehemalige Ursulanerin. Gegen elf Uhr abends machte ich mich dann auch auf den Heimweg.

Am Sonntagmorgen holte mich David ab. Seine Mutter und Schwester waren auch im Auto. Wir fuhren wieder nach New Castle zu seinem Bruder. Dessen Sohn wurde fünf Jahre alt und feierte deshalb eine Geburtstagsparty mit dem Motto Batman. Die Kinder waren alle als männliche und weibliche Batmans und –womans verkleidet. Sie hatten sogar eine Hüpfburg und eine Piñata. Ich will das auch für meine nächste Party haben. Es waren natürlich viele Kinder da und ich bin da etwas aus der Übung. In unserer Familie haben wir keine Kleinkinder und Kinder im Kindergartenalter mehr. Ich hab einfach mal ein bisschen zugeschaut, wie die Leute mit den Kindern umgehen und dann entschieden, dass ich David beim Ausmalen von den Batman-, Robin- und Jokervorlagen Gesellschaft leisten werde.  Ein kleines Mädchen namens Isla, war am selben Tisch und hat David geholfen sein Bild fertig zu stellen. Ich durfte Kraniche, Flugzeuge und Schiffe für sie basteln. Irgendwann war dann nur noch die Familie da und David schlug vor nach Geo Cacheing Hinweisen zu suchen. Das ist ein globales Spiel, bei welchem Leute Hinweise oder so irgendwo verstecken. Wenn man mitspielen möchte, ladet man sich die App herunter. Die App zeigt Hinweise sowie die Kommentare  anderer Spieler zu Geo Caches. Natürlich wird auch der Standort gezeigt, allerdings ist es trotzdem recht schwierig das Cache zu finden.  Wir gingen also mit zwei seiner Nichten und seinem Schwager in einen nahegelegenen Park und suchten leider vergebens nach dem Cache. Jedoch sah ich, dass wir ganz nahe am Strand waren und liess es mir natürlich nicht nehmen, ein kleines Fussbad zu geniessen. Als wir zurückkamen, halfen wir noch beim Aufräumen und fuhren dann wieder nach Sydney.

Die folgende Woche war ich arg mit Unikram beschäftigt, da das Semester sich langsam dem Ende neigte. Ich liess es mir allerdings nicht nehmen am Dienstagabend mit den Ursulans, meinem Mittelalterklub abzuhängen. Vor allem weil wir uns an dem Abend den „Sea Shanties“ oder Seemannsliedern widmeten. Dafür gingen wir in die Wayward Brewery in Annandale. Ich lernte ein paar neue Shanties und fand heraus, dass die Sydneysider ihr eigenes Sea Shanty haben: Botany Bay.


Da ich allerdings noch viel zu tun hatte am nächsten Tag, ging ich etwa gegen neun Uhr wieder nach Hause.
Meine Erinnerung an diese Zeit ist etwas verschwommen. Ich war recht fokussiert und schrieb fleissig meine Arbeiten. Ich habe allerdings auch einen Drachen gefaltet (Origami) sowie zwei Staffeln der Serie „Tatortreiniger“ und den Film „Achtung, Fertig, Charlie!“ mit englischen Untertiteln bestellt. Ich habe mich vorher nach online Streams umgesehen, konnte allerdings keine mit englischen Untertiteln finden.  Die zwei Staffeln Tatortreiniger kamen bereits an und David findet die Serie toll. Ich wollte, dass er meine Muttersprache und auch meine Kultur ein wenig besser kennen lernt. Anstatt dies mit verstaubten Methoden zu tun, dachte ich, dass Popkultur viel spassiger ist. Ich habe selbst viele Filme auf Englisch geschaut, was mir ungemein geholfen hat, die Sprache und Kultur besser zu verstehen.

In derselben Woche ist dann auch unser Relationship Zertifikat angekommen. Das bedeutet, dass wir nun das Partner Visum beantragen können.

Dies war auch die Woche, in der ich meine letzten Vorlesungen meiner Universitätskarriere hatte. Es sei denn, ich würde irgendwann einmal ein Doktorat in Betracht ziehen, was in nächster Zeit wohl kaum der Fall sein dürfte.  

An dem Freitag hatte ich einen weiteren Termin beim Chiropraktiker. Meinen Hüften ging es schon etwas besser und ich war guter Laune. Er meinte ich solle nun statt zehn, jetzt ganze 20 Minuten täglich meine Übungen machen. Ich trainiere die Gesässmuskeln damit sie meine Bänder im Zaum halten. Zusätzlich dazu vermietete mir der Chiro noch ein Elektroschockgerät. Jawohl. Jeden Morgen habe ich meine 20-minütige Elektroschocktherapie. Es funktioniert super. Ich werde kräftiger und die Schmerzen weniger.

Am Abend war ich mit Camilla verabredet. Wir gingen ins Corridor in Newtown. Da die Bar auf einmal von extrem vielen Leuten geflutet wurde, verlegten wir unseren Abend zu Kelly’s. Am Freitag ist dort immer Karaokeabend. Es ist ein Riesenspass und alle singen mit. Ich habe dann auch noch „Wild Rover“ zum Besten gegeben bevor wir dann den Heimweg antraten.

Am Samstag war ich mit arbeiten schreiben beschäftigt. David war noch so lieb und kam kurz vorbei, um mich abzulenken. Ich brauche das manchmal. Wenn ich ihn zu selten sehe, werde ich grantig.

Am Sonntag war ich so gut dran mit dem Zeitplan, dass ich sogar noch an eine Geburtstagsparty gehen konnte. Susie feierte ihren 26. Geburtstag im Clock Hotel in Surry Hills. Es war ein schöner Pub und ich sah viele bekannte und neue Gesichter. Sie sagte uns im vornerein, dass wir im zweiten Stock seien. Als ich dann die Treppe hochging, sah ich ganz unerwartet Camilla mit ihrer Verabredung dort sitzen. Ein Ire, wenn ich mich recht erinnere. Ich wollte eigentlich diskret sein und mich vorbeischleichen. Wollte ja nicht stören. Allerdings hat sie mich gesehen, weshalb ich dann doch auf ein kurzes Hallo vorbei kam. Danach ging ich allerdings zur Festgesellschaft und übergab Susie einen Origamidrachen, den ich noch vorher für sie gebastelt habe. Er gefiel ihr gut. Sie und ich besuchten gemeinsam den Kurs „Network Society“ im ersten Semester. Sie brach das Studium allerdings danach ab und arbeitet inzwischen in einem Verlagshaus. Sie ist sehr glücklich mit ihrer Wahl und möchte nicht mehr zurück an die Uni. Nach einer Weile wurde ich recht müde, da ich in den vergangenen Tagen ein strenges Regiment, wegen des Semesterendes hatte. So ging ich schon gegen etwa halb acht nach Hause. Mein Erfolgserlebnis war allerdings, dass ich den ganzen Weg zu Fuss ohne Schmerzen gehen konnte.  Es waren zwar nur 2.5 Kilometer, aber das ging vorher nicht ohne grosse Schmerzen. Das macht mir Hoffnungen, dass ich irgendwann wieder richtig Sport treiben kann. Auf dem Heimweg traf ich noch den dicken (er ist jetzt nicht mehr fett) Leroy an.




Am Montag editierte ich noch meine Vorletzte Arbeit und war dann frei. Meine letzte Arbeit ist am 24. November fällig. Eine simple Exegesis. Ich war aber noch so in meinem Trott, dass ich dann einfach ein paar Youtube Tutorials für Origamifiguren anschaute. Ich faltete ein Känguru und eine Schildkröte.  Ich glaube ich bin dann auch noch durch Newtown spazieren gegangen. Wieder ohne Schmerzen. Yay.






Am Dienstag ging ich am Abend zu David. Wir treffen uns unter der Woche meistens an der Redfern Station, welche sich in der Mitte von unseren beiden Wohnorten befindet. Er kommt dort für gewöhnlich mit dem Zug an, wenn er Feierabend hat. Wir gehen dann gemeinsam zu seinem Haus. So war es dann auch an dem Abend. Als wir bei ihm ankamen, packte er einen Blumenstrauss und eine Flasche Champagner aus. Er sagte dann, dass wir das Ende meines Masters  feiern müssen.  Ich war überrascht und etwas unvorbereitet, aber ich habe mich natürlich sehr gefreut. Wir stiessen, dann auf das Ende meines Studiums an und die Blumen stehen jetzt in meinem Zimmer.

Am Mittwoch entschied ich spontan Katya aus dem Mittelalterklub und den Rugby League Team mit ihrem Kleid zu helfen. Sie mag mein deutsches Mittelalterkleid und fragte mich vor ein paar Wochen, ob ich ihr zeigen könnte, wie ich das gemacht habe. Ich rief sie an und fragte sie, ob sie nach Marrickville zum Secondhand Art Supply Shop mitkommen möchte, um Stoffe anzusehen. Sie war einverstanden und eine Stunde später sassen wir im Bus mit meiner kranken Nähmaschine. Die Kommune in Marrickville bietet auch Reparaturdienste an. Dort angekommen, stellte sich dann heraus, dass ich leider doch einen Fachmann für die Nähmaschine brauche. Jedoch fanden wir für Katya einen passenden Stoff und gingen wieder zu mir nach Hause. Dort habe ich sie ausgemessen, liess sie die Stoffteile ausschneiden und habe dann die Anprobe bei ihr gemacht. Ich war recht stolz. Es war das erste Mal, dass ich jemandem gezeigt habe, wie man ein Kleid näht inklusive Anprobe. Ich habe uns dann noch ein kleines Abendessen gekocht und sie mit allen fertig ausgeschnittenen Bestandteilen für das Kleid nach Hause geschickt. Ich weiss nun seit dem Abend, dass wenn man keine vernünftige Stoffschere zur Hand hat es auch eine Pouletschere tut.

Am Donnerstag dieser Woche fand das Abschiedsessen der Ursulans für dieses Semester statt. Wir trafen uns alle im Kuleitos in Newtown, wo man Donnestags zwei Cocktails zum Preis von einem bekommt. Lauren und Jackie entschieden sich ein Wetttrinken zu veranstalten. Viele haben ihnen davon abgeraten, aber sie haben es dann trotzdem durchgezogen. Jackie hat gewonnen. Alle sind gesund und munter, wenn auch vielleicht verkatert. Irgendwann haben wir dann über den Ententanz gesprochen. Allerdings wusste keiner, was ich meine. Ich habe dann die Melodie gesummt und da haben alle gesagt, dass das der „Chicken Dance“ sei. Alle Australier am Tisch waren dieser  Meinung. Nur eine Polin war auf meiner Seite. Wir nahmen die Hilfe von Google in Anspruch und fanden heraus, dass der ENTENtanz aus der Schweiz kommt und in anderen Ländern der Chicken- oder Birddance genannt wird. Es sind die kleinen Erfolge im Leben…  Wir assen wieder im Thai O-Long zu Abend, wie letztes Semester auch. Dieses Mal leider ohne Da Vincis „letzte Abendmahl“ nach zustellen. Wir waren zu viele Leute. Gegen zehn Uhr ging ich nach Hause.

Heute war ich äusserst produktiv. Ich habe meinen Antrag auf das Partnervisum abgeschickt. Juhuu! Nur noch 22 Monate, bis ich Bescheid bekomme. Danach habe ich mich für ein paar Jobs beworben, fing an den Blog zu schreiben und habe zwischenzeitlich am Frühjahresputz des Hauses teilgenommen.

Morgen stelle ich wieder Pakete für meine Lieben zu Hause zusammen. Ich freu mich auf die Shoppingtour und hoffe, dass ich alles finde. Bis zum nächsten Blog, welche ich weiter meine Elektroschocktherapie fortsetzen und den Frühling geniessen. Ach ja, ausserdem komme ich im nächsten Sommer für drei Wochen zurück in die Schweiz. Ich will meinen Geburtstag dort feiern, ans MPS gehen und Euch alle mal wieder drücken.

Bis demnächst.
Piranialight.




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