Sydney 26 - Elektroschocktherapie und seufzende Nähmaschinen
Hey alle
zusammen. Vor acht Wochen habe ich das letzte Mal einen Blogeintrag
geschrieben. Eure ergebene Schreiberin war bei allem, ausser dem Blog, äusserst
fleissig. Ich habe Essays, Proposals, Programme und Präsentationen geschrieben.
Zwischendurch nähte ein Wikingerkleid für mich und eine Tunika für David,
feierte das St. Ives Festival mit einer Horde Wikinger sowie mein erstes
Ursulan Feast. Ich bin nun offiziell in einer De-Facto Beziehung und suche nach
einem Job.
Aber wie
immer erst einmal alles der Reihe nach.
Als ich den
letzten Blog beendete war ich dabei mein Wikingerkleid und Davids Tunika zu
nähen. Es wurde recht hübsch. Das Problem war anfangs nur, dass ich eine
weisses Untergewandt (sieht aus wie ein sehr langes Nachthemd) und eine
orangefarbene Schürze, resp. Überkleid kreierte. Wie es sich für einen guten
Partner gehört, hat David mich natürlich damit aufgezogen, dass ich wie eine
Hare Chrischna Jüngerin aussähe. Er wurde richtig kreativ und stimmte seine
eigenen „Hare Hare Chrischna“ Liedvariationen an, wann immer das Kleid zum
Gesprächsthema wurde. Das fertige Kleid sah dann zum Glück nach Wikinger und
nicht nach Sektenjüngerin aus. Nachdem ich Davids Tunika fertig hatte, ist mir
leider meine Nähmaschine verreckt. Das arme Ding. Um zwei Uhr morgens vor dem
St. Ives Mittelalterfest habe ich noch versucht sie zu reparieren. Sie nähte
noch eine letzte Bordüre und dann nur noch maschinelles Seufzen. Ich werde sie
zur Reparatur bringen müssen.
Ich nahm
einen recht frühen Zug nach St. Ives, was etwa ein bis zwei Stunden von Sydney
entfernt liegt. Das Fest sah fantastisch aus. Es gab viele Heerlager, von
welchen die meisten das Leben der Wikinger darstellten. Manche zeigten traditionelle
Instrumente wie Drehleiern, Schalmeien
und Lauten. Andere stellten Möbel und Werkzeuge her. In der Mitte hatten die
Wikinger einen kleinen aber feinen Kampfring, in welchem sie ausser Zweikämpfen
auch die Mittelalterversion von Fussball spielten. Es gibt praktisch keine
Regeln und man verwendet noch zusätzlich ein Paddel.
Nicht weit
davon war die grosse Arena, in welcher die Schwertkämpfer sich gegenseitig aufs
Dach gaben. Ich habe das Tjosten leider verpasst. Dafür sah ich die
Schwertturniere. Es gab auch Stände mit
Schmuck, Kleidung, Waffen und Essen. Allerdings gab es nur eine Taverne und
keine Konzerte. Da könnten sich die Aussies noch etwas vom Mittelalterlich
Phantasie Spectaculum abschauen.
Es waren
34° C an dem Tag, so dass ich um die Mittagszeit mein „deutsche Schankmaid“-
Kleid anzog. Das Wikingerkleid, so schön es auch ist, besteht aus Leinen und
hat lange Ärmel. Nicht gerade hitzetauglich. Ich half die meiste Zeit am Stand
meines Mittelalterklubs aus. Am Morgen verteilte ich Flyer für all die holden
Damen und edlen Recken, die Schwertkampf, Bogenschiessen, Fechten, Brauen,
Nähen oder Musizieren in unserem Club lernen möchten. Natürlich alles im
Mittelalterstil. Wer mich kennt, weiss ja, dass ich gesprächig und so gar nicht
scheu bin, weshalb ich das Flyern gerne getan habe.
David kam
so gegen zwei Uhr und wir schlenderten etwas über das Festivalgelände.
Leider musste er früher gehen, um zu sehen wie seine Jungs (the Giants) das Halbfinale verloren. Ich blieb hingegen mit den anderen zurück. Die Leute waren gut drauf und nach dem Abendessen, war das Festival offiziell geschlossen, aber nicht für die Heerlagerleute. Für uns blieb die Taverne noch bis zehn Uhr geöffnet. Was alle natürlich gerne in Anspruch nahmen, vor allem jetzt, da die Sonne endlich untergegangen war und es etwas kühler wurde. Als man mir sagte, dass sie keinen Met mehr hatten, war ich untröstlich. Ich zog von Dannen und suchte den einzigen Ort auf, an dem ich den Poetentrunk noch finden konnte…Das Wikinger Heerlager.
Leider musste er früher gehen, um zu sehen wie seine Jungs (the Giants) das Halbfinale verloren. Ich blieb hingegen mit den anderen zurück. Die Leute waren gut drauf und nach dem Abendessen, war das Festival offiziell geschlossen, aber nicht für die Heerlagerleute. Für uns blieb die Taverne noch bis zehn Uhr geöffnet. Was alle natürlich gerne in Anspruch nahmen, vor allem jetzt, da die Sonne endlich untergegangen war und es etwas kühler wurde. Als man mir sagte, dass sie keinen Met mehr hatten, war ich untröstlich. Ich zog von Dannen und suchte den einzigen Ort auf, an dem ich den Poetentrunk noch finden konnte…Das Wikinger Heerlager.
Es war
dunkel und das Lager war nur erhellt durch ein kleines Feuer. Die Wikinger
waren jedoch nicht zu überhören. Sie standen grölend und johlend in einem Kreis
um eine Bank. Auf dieser Bank standen zwei Wikinger in der Hocke. Der eine
hielt die linke Hand an seine Wange. Der andere holte aus und gab ihm eine
zünftige Schelle, so dass der gebackpfeifte von der Bank purzelte. Grosses
Gejubel folgte und der nächste Herausforderer ging in Position. Ich ging zu
einem der Wikinger hin und fragte ihn, ob er auch anträte. Er verneinte und bot
mir Met an. Mission accomplished.
Ich füllte
dankend mein Trinkhorn und schaute mir den nächsten Wettkampf an. Dieses Mal
wurden den Kontrahenten die Augen verbunden. Sie hatten eine Hand auf der Bank
und in der anderen Hand hielten sie einen Sack. Ich weiss nicht, was in dem
Sack war. Sah wie ein Wäschesack aus. Das Ziel war, die andere Person mit
diesem Sack irgendwo am Körper zu treffen. Da beide nicht sehen konnten, durfte
der Titelverteidiger nur sagen „Do you want to feel my sack?“ und der
Herausforderer hatte zu antworten. Die meisten sagten: „No“, oder „Hell no!“.
Und dann flogen die Säcke. Gegen zehn Uhr wurde ich dann müde und nahm den Zug
nach Hause. Was für ein schöner Abschluss.
Am Sonntag gingen
David und ich in den Australian Reptile Park, der etwa anderthalb Stunden von
Sydney von meiner Gegend entfernt liegt.
Wir fingen mit Schlangen und Echsen an, sahen ein paar Krokodile und drei beeindruckend mächtige Galapagos Schildkröten. Das grösste Krokodil hiess Elvis und hatte eine Show, die wir uns ansahen. Der Tierpfleger erklärte uns Dinge über Elvis und seine Artgenossen aus Darwin, wo er auch herstammte. Natürlich wurde er unter kollektivem „oh“‘s und „uuh“‘s gefüttert. Warum ist die Fütterung eines riesigen Krokodils so erstaunlich? Wegen dem lauten Schnappgeräusch, das es macht, wenn es zubeisst. Das flösst einem Respekt ein. Gegen drei oder vier fuhren wir wieder nach Hause, wo wir dann den Abend bei Fish’n’Chips und einem Film oder Serie ausklingen liessen.
Wir fingen mit Schlangen und Echsen an, sahen ein paar Krokodile und drei beeindruckend mächtige Galapagos Schildkröten. Das grösste Krokodil hiess Elvis und hatte eine Show, die wir uns ansahen. Der Tierpfleger erklärte uns Dinge über Elvis und seine Artgenossen aus Darwin, wo er auch herstammte. Natürlich wurde er unter kollektivem „oh“‘s und „uuh“‘s gefüttert. Warum ist die Fütterung eines riesigen Krokodils so erstaunlich? Wegen dem lauten Schnappgeräusch, das es macht, wenn es zubeisst. Das flösst einem Respekt ein. Gegen drei oder vier fuhren wir wieder nach Hause, wo wir dann den Abend bei Fish’n’Chips und einem Film oder Serie ausklingen liessen.
In der
folgenden Woche (letzte Septemberwoche) waren Semesterferien. Da ich allerdings
körperlich recht angeschlagen war, konnte ich dort nicht viel tun. Selbst das
Gehen viel mir schwer. Es waren immer noch meine Hüften, die mir zu schaffen
machten. Ich war für eine Weile gar nicht gut drauf. Irgendwann beschloss ich
dann meinen Physiotherapeuten gegen einen Chiropraktiker einzutauschen, was
endlich mal konstant für Besserung sorgte. Dazu später mehr.
Ende
September war ein langes Wochenende, da der Montag ein freier Tag war. Am
Samstag gingen wir nach Manly. Wir waren nicht die einzigen, wie es schien. Es
war ein schöner Tag und in Manly fand ein Jazz Festival statt. Das
Suburbzentrum war voller Leute. Wir assen einen schlechten, überteuerten
Burger, lagen etwas am Strand in der Sonne und kauften Mövenpick-Eis. Das ist
immer der krönende Abschluss eines Ausfluges nach Manly, mal abgesehen von der
Überfahrt mit der Fähre. Ich bekomme mein heiss geliebtes, zartes Schweizer
Schokoladeneis von Mövenpick. Ich kenne nur eine weitere Mövenpickeisdiele.
Jawohl, kein Coop oder Denner hier in Sydney. Coles und Woolworths haben nur
die grossen Mövenpickeiskübel, wenn überhaupt.
Am Sonntag
war ich zum ersten Mal Angeln mit David. Die Angelrouten stammten noch von Igor
und Camille, welche sie damals mit ein paar anderen Sachen zurückliessen,
nachdem sie nach Hongkong abhauten. Wir gingen irgendwo in die Nähe von Cronulla
und packten die Klappstühle aus. Wir haben nichts gefangen, aber es war recht
schön und entspannend.
Nach der
einen Ferienwoche, die man so Mitten im Semester geschenkt bekommen hat, fingen
auch schon die ersten Jacarandas zu blühen. Ich war richtig glücklich diese
lilafarbenen Blühten zu sehen. Sie stehen für den Frühling und der Legende nach
können sie über den Erfolg deines Studiums entscheiden. Es heisst, dass wenn du
noch nicht mit dem Lernen für die Prüfungen begonnen hast, bevor der Jacaranda
seinen ersten Blühten zeigt, wirst du nicht bestehen. Angeschmiert und Ätschi
Bätschi! Ich habe keine Prüfungen sondern nur Arbeiten, die abgeben muss. Es
lebe das Masterstudium in der Soziologiefakultät.
Hier noch ein paar Jacarandas in Blühte auf dem Campus.
Hier noch ein paar Jacarandas in Blühte auf dem Campus.
In der
Woche habe ich wieder angefangen mich für Jobs zu bewerben. Es war der ideale
Zeitpunkt, da ich für das Visum noch Geld brauchte, es aber auch gerade eine
ruhige Phase im Semester war. Die Ruhe vor dem Sturm. Ich habe dann tatsächlich
noch einen kleinen Job abgestaubt. Es war nichts Grosses und hat auch nicht
lange gedauert, aber das Geld konnte ich gut gebrauchen. Ich habe bei der
Vorbereitung für eine Konferenz geholfen.
Am Dienstag
ist dann etwas Wunderbares passiert. Wir trafen uns mit dem Mittelalterklub zum
Abendessen im Forrest Lodge Pub, wie jeden Dienstag. Auch dieses Mal verkauften
sie Lose für einen „Meat-Tray“ also einem Tablett voll mit Fleischwaren. Der
Erlös geht an die hiesige Primarschule. Ich bin nun schon seit eineinhalb
Jahren im Mittelalterklub, gehe fast
jeden Dienstagabend mit ihnen im Pub essen und habe schon unzählige Male Lose
für diesen Meat-Tray gekauft. Am 10. Oktober 2017 hat unser Tisch endlich ein
Gewinnerlos gezogen. Wir legen immer alle das Geld zusammen und kaufen einen
Haufen Lose. So wussten wir also nicht, wem am Tisch das Gewinnerlos eigentlich
gehörte. Wir vereinbarten, dass wir dann in der Woche darauf ein BBQ bei mir zu
Hause veranstalten werden.
Am Ende
dieser Woche gingen Camilla, Sanaz, Anthony, zwei Mädels und einen Typen, deren
Name mir nicht mehr einfallen will, ans Noodle Festival im Hyde Park im Stadtzentrum.
Es waren vollgestopft, wie letztes Jahr und die Auswahl war riesig… genauso wie
die Schlange vor den Ständen. Ich habe mir dann einfach etwas von dem Stand
geholt, vor welchem die wenigsten Leute warteten. Dafür gab‘s dann koreanisches
BBQ. Es war äusserst lecker und wir teilten unser Essen untereinander. Irgendwann
gingen wir noch in eine Bar nahe der Oxford Street (wo der Mardi Gras war).
Anthony hat auf dem Weg zur Bar seine Zigaretten ausgepackt und fing an zu
rauchen. Es war schon schräg. Nach einem Jahr rauchfrei, habe ich einen
äusserst komischen Bezug zu Zigaretten. Meine Suchtrezeptoren sagen mir beim
Geruch des Rauchs, dass ich jetzt gerne eine anzünden würde. Mein Geruchssinn
sagt mir, dass es einfach nur abstossend ist. Diese Ambivalenz ist etwas
bizarr. Eine Hassliebe fasst schon. Wir tranken und redeten. Ich faltete wieder
Kraniche. Gegen halb eins verliessen wir die Bar und ich wollte nach Hause. Ich
kaufte noch Cola light in einem Laden, verabschiedete mich von allen und stieg
in ein Taxi.
Am Samstag musste
ich mich dann rausputzen, da der gesamte Rugby League Club (Männer- und
Frauenmannschaft) zum Essen eingeladen wurde. Da wir ein Universitätsteam sind,
dürft ihr drei Mal raten, wo wir das Essen hatten… Im Forrest Lodge Pub
natürlich. Der Pub liegt praktischerweise unmittelbar neben dem Campus. Wir
waren alle im Anzug oder Cocktailkleid aufgekreuzt und wurden auf Kosten des
Vereins genährt. Das Essen war wie immer lecker. Es gab viele Reden, über
Dinge, mit denen ich Euch nicht langweilen möchte. Sie waren alle recht
glücklich darüber, dass wir jetzt auch ein Frauenteam haben und zum Dank dafür
bekamen wir Sweaters. Dann gab es viele Gruppenfotos und die Sponsoren
plauderten mit uns.
Später blieben, dann nur noch die hartgesottenen und spielten eine Runde Pool. Als der Pub langsam leerer wurde, beschlossen ein paar Leute noch Karaoke singen zu gehen. Ich wurde stattdessen von David abgeholt und übernachtete bei ihm. Das war mir sehr recht. Ich war ziemlich müde und er war so lieb mich abzuholen, da meine Hüften immer noch wehtaten.
Später blieben, dann nur noch die hartgesottenen und spielten eine Runde Pool. Als der Pub langsam leerer wurde, beschlossen ein paar Leute noch Karaoke singen zu gehen. Ich wurde stattdessen von David abgeholt und übernachtete bei ihm. Das war mir sehr recht. Ich war ziemlich müde und er war so lieb mich abzuholen, da meine Hüften immer noch wehtaten.
Am
darauffolgenden Dienstag war dann das grosse BBQ für den Mittelalterklub. Am
Tag zuvor haben meine Mitbewohner netterweise noch den Garten gereinigt und
Blätter zusammengerächt. Wir haben einen grossen Gummibaum im Garten. Der sorgt
für ordentliche Laub. Sie kamen alle so gegen zwei und drei Uhr nachmittags.
Ich überliess zwei Jungs das Grillieren, da ich mich mit den hiesigen
Fleischwaren nicht so auskenne. Die verkaufen rohe Würste. Das dauert dann
natürlich länger, bis die gar sind. Ich
setzte mich mit den anderen in den Garten und genoss die Sonne. Gegen halb fünf
war dann der ganze Spuk vorbei und die Leute gingen ins Arts & Science
Meeting des Clubs auf dem Campus. Ich
war zu müde und blieb stattdessen zu Hause.
Für den
Rest der Woche arbeitete ich an verschiedenen Essays und sonstigen Assignments.
Am Donnerstag hiess es dann wieder anpacken. Am Samstag war das St. Ursula
Feast geplant und ich habe mich für den Küchendienst gemeldet. Am Donnerstag
traf ich den Küchenchef und half ihm bei den Einkäufen. Er ist auch der
ehemalige König von Australien und Neuseeland. In der SCA (Society of Creative
Anachronism) gibt es Kingdoms, Baronies und Colleges. Da es sich um einen globalen
Verein handelt haben wir Königreiche in Schweden, den Niederlanden, in den USA,
sowie Australien-Neuseeland. Wer König und Königin wird, entscheidet sich bei
einem „Heavy fighter“ Turnier. Das bedeutet, schwerere Waffen als Pfeil und
Bogen oder Degen (Schwerter, Äxte, Kriegshammer, etc.). Bevor die potentiellen
Königinnen und Könige antreten, müssen sie ihren „Consort“ bestimmen. Wenn ich
antreten würde, müsste ich vor dem Wettkampf sagen, dass ich David als meinen
King Consort bestimme. Ich verzettle mich hier ein wenig. Auf jeden Fall reist
die Royals von Festivals, Schlachten und Märkten durch ihr ganzes Königreich.
Darüber sprachen der ehemalige König und ich als wir nach den historisch
korrekten Zutaten suchten. Wir landeten irgendwann in einem Laden, der Körner,
Samen, Nüsse und Gewürze verkaufte. David hat vor geraumer Zeit eine Vorliebe
für Linsen entwickelt. Er isst recht viel davon und im Laden sah ich ein fünf
kg Pack Linsen. Ich habe mir vorgenommen, ihm die zu Weihnachten oder zum
Geburtstag zu schenken. Als ich ihm davon erzählt habe, meinte er, dass ihm das
wahrscheinlich sogar noch gefallen würde.
Am Samstag
ging ich morgens dann zum Feast, für welches wir die St. Peters School Aula
gemietet haben. Als Katya und ich ankamen wurden wir sofort vom ehemaligen
König eingespannt. Ich habe das Menü vorrangig einmal gesehen, aber war dann
doch ob der Dimensionen überrascht. Wir hatten drei verschiedene Hummus? Hummi?
Humma? Was ist nochmals der Plural von Hummus? Egal wir hatten auch noch einen
Randendip, welchen wir „Hermanite Blood“ tauften. Das College of the Blessed
Hermann ist ein feindliches College an der Universität von Adelaide. Die
Hermanites sind die Mitglieder des Colleges. Wir Studenten an der University of
Sydney sind die Ursulans, weil wir das
College of St. Ursula im Verein sind. Wieder zurück zum Kochen. Wir bereiteten
Fenchelsuppe, eine Fleischbrühe, caramelisierte Karotten, Würste, weich
gekochte Eier, Vanillecrème, irgendein Früchtekompott und noch vieles mehr zu.
Wir waren etwa sechs Leute in der Küche und dauerbeschäftigt. Ich kam um elf
Uhr morgens an und konnte gegen sieben Uhr abends mich zu den anderen in den
Festsaal setzen. Die Baroness und der Baron von Rowany (Region Sydney) sind
auch gekommen und sassen an einer Ehrentafel. Man hielt dann den Court ab, bei
welchen verdienten Mitgliedern Orden verliehen werden. Die Brauereigilde hat
netterweise einen Kanister voll mit Met für den Anlass gespendet, was für uns
alle sehr gut reichte. Ich lernte an dem Abend auch den Bear Dance. Die Melodie
kenne ich bereits von den deutschen Mittelaltermärkten oder von einem In
Extremo Song. Auf jeden Fall wurden die Musiker immer schneller und so wurde
das Ganze dann ein Wettbewerb, wer am längsten im Takt bleiben kann. Gewonnen
hat die Lady Annelise, eine ehemalige Ursulanerin. Gegen elf Uhr abends machte
ich mich dann auch auf den Heimweg.
Am
Sonntagmorgen holte mich David ab. Seine Mutter und Schwester waren auch im
Auto. Wir fuhren wieder nach New Castle zu seinem Bruder. Dessen Sohn wurde
fünf Jahre alt und feierte deshalb eine Geburtstagsparty mit dem Motto Batman.
Die Kinder waren alle als männliche und weibliche Batmans und –womans verkleidet.
Sie hatten sogar eine Hüpfburg und eine Piñata. Ich will das auch für meine
nächste Party haben. Es waren natürlich viele Kinder da und ich bin da etwas
aus der Übung. In unserer Familie haben wir keine Kleinkinder und Kinder im
Kindergartenalter mehr. Ich hab einfach mal ein bisschen zugeschaut, wie die
Leute mit den Kindern umgehen und dann entschieden, dass ich David beim
Ausmalen von den Batman-, Robin- und Jokervorlagen Gesellschaft leisten werde. Ein kleines Mädchen namens Isla, war am selben
Tisch und hat David geholfen sein Bild fertig zu stellen. Ich durfte Kraniche,
Flugzeuge und Schiffe für sie basteln. Irgendwann war dann nur noch die Familie
da und David schlug vor nach Geo Cacheing Hinweisen zu suchen. Das ist ein
globales Spiel, bei welchem Leute Hinweise oder so irgendwo verstecken. Wenn
man mitspielen möchte, ladet man sich die App herunter. Die App zeigt Hinweise
sowie die Kommentare anderer Spieler zu Geo
Caches. Natürlich wird auch der Standort gezeigt, allerdings ist es trotzdem
recht schwierig das Cache zu finden. Wir
gingen also mit zwei seiner Nichten und seinem Schwager in einen nahegelegenen
Park und suchten leider vergebens nach dem Cache. Jedoch sah ich, dass wir ganz
nahe am Strand waren und liess es mir natürlich nicht nehmen, ein kleines
Fussbad zu geniessen. Als wir zurückkamen, halfen wir noch beim Aufräumen und
fuhren dann wieder nach Sydney.
Die
folgende Woche war ich arg mit Unikram beschäftigt, da das Semester sich
langsam dem Ende neigte. Ich liess es mir allerdings nicht nehmen am
Dienstagabend mit den Ursulans, meinem Mittelalterklub abzuhängen. Vor allem
weil wir uns an dem Abend den „Sea Shanties“ oder Seemannsliedern widmeten. Dafür
gingen wir in die Wayward Brewery in Annandale. Ich lernte ein paar neue
Shanties und fand heraus, dass die Sydneysider ihr eigenes Sea Shanty haben:
Botany Bay.
Da ich allerdings
noch viel zu tun hatte am nächsten Tag, ging ich etwa gegen neun Uhr wieder
nach Hause.
Meine
Erinnerung an diese Zeit ist etwas verschwommen. Ich war recht fokussiert und
schrieb fleissig meine Arbeiten. Ich habe allerdings auch einen Drachen
gefaltet (Origami) sowie zwei Staffeln der Serie „Tatortreiniger“ und den Film „Achtung,
Fertig, Charlie!“ mit englischen Untertiteln bestellt. Ich habe mich vorher
nach online Streams umgesehen, konnte allerdings keine mit englischen
Untertiteln finden. Die zwei Staffeln
Tatortreiniger kamen bereits an und David findet die Serie toll. Ich wollte,
dass er meine Muttersprache und auch meine Kultur ein wenig besser kennen
lernt. Anstatt dies mit verstaubten Methoden zu tun, dachte ich, dass Popkultur
viel spassiger ist. Ich habe selbst viele Filme auf Englisch geschaut, was mir
ungemein geholfen hat, die Sprache und Kultur besser zu verstehen.
In
derselben Woche ist dann auch unser Relationship Zertifikat angekommen. Das
bedeutet, dass wir nun das Partner Visum beantragen können.
Dies war
auch die Woche, in der ich meine letzten Vorlesungen meiner
Universitätskarriere hatte. Es sei denn, ich würde irgendwann einmal ein
Doktorat in Betracht ziehen, was in nächster Zeit wohl kaum der Fall sein
dürfte.
An dem
Freitag hatte ich einen weiteren Termin beim Chiropraktiker. Meinen Hüften ging
es schon etwas besser und ich war guter Laune. Er meinte ich solle nun statt
zehn, jetzt ganze 20 Minuten täglich meine Übungen machen. Ich trainiere die
Gesässmuskeln damit sie meine Bänder im Zaum halten. Zusätzlich dazu vermietete
mir der Chiro noch ein Elektroschockgerät. Jawohl. Jeden Morgen habe ich meine
20-minütige Elektroschocktherapie. Es funktioniert super. Ich werde kräftiger
und die Schmerzen weniger.
Am Abend
war ich mit Camilla verabredet. Wir gingen ins Corridor in Newtown. Da die Bar
auf einmal von extrem vielen Leuten geflutet wurde, verlegten wir unseren Abend
zu Kelly’s. Am Freitag ist dort immer Karaokeabend. Es ist ein Riesenspass und alle
singen mit. Ich habe dann auch noch „Wild Rover“ zum Besten gegeben bevor wir
dann den Heimweg antraten.
Am Samstag
war ich mit arbeiten schreiben beschäftigt. David war noch so lieb und kam kurz
vorbei, um mich abzulenken. Ich brauche das manchmal. Wenn ich ihn zu selten
sehe, werde ich grantig.
Am Sonntag
war ich so gut dran mit dem Zeitplan, dass ich sogar noch an eine
Geburtstagsparty gehen konnte. Susie feierte ihren 26. Geburtstag im Clock
Hotel in Surry Hills. Es war ein schöner Pub und ich sah viele bekannte und
neue Gesichter. Sie sagte uns im vornerein, dass wir im zweiten Stock seien.
Als ich dann die Treppe hochging, sah ich ganz unerwartet Camilla mit ihrer
Verabredung dort sitzen. Ein Ire, wenn ich mich recht erinnere. Ich wollte
eigentlich diskret sein und mich vorbeischleichen. Wollte ja nicht stören.
Allerdings hat sie mich gesehen, weshalb ich dann doch auf ein kurzes Hallo
vorbei kam. Danach ging ich allerdings zur Festgesellschaft und übergab Susie
einen Origamidrachen, den ich noch vorher für sie gebastelt habe. Er gefiel ihr
gut. Sie und ich besuchten gemeinsam den Kurs „Network Society“ im ersten
Semester. Sie brach das Studium allerdings danach ab und arbeitet inzwischen in
einem Verlagshaus. Sie ist sehr glücklich mit ihrer Wahl und möchte nicht mehr
zurück an die Uni. Nach einer Weile wurde ich recht müde, da ich in den
vergangenen Tagen ein strenges Regiment, wegen des Semesterendes hatte. So ging
ich schon gegen etwa halb acht nach Hause. Mein Erfolgserlebnis war allerdings,
dass ich den ganzen Weg zu Fuss ohne Schmerzen gehen konnte. Es waren zwar nur 2.5 Kilometer, aber das
ging vorher nicht ohne grosse Schmerzen. Das macht mir Hoffnungen, dass ich
irgendwann wieder richtig Sport treiben kann. Auf dem Heimweg traf ich noch den dicken (er ist jetzt nicht mehr fett) Leroy an.
Am Montag
editierte ich noch meine Vorletzte Arbeit und war dann frei. Meine letzte
Arbeit ist am 24. November fällig. Eine simple Exegesis. Ich war aber noch so
in meinem Trott, dass ich dann einfach ein paar Youtube Tutorials für
Origamifiguren anschaute. Ich faltete ein Känguru und eine Schildkröte. Ich glaube ich bin dann auch noch durch
Newtown spazieren gegangen. Wieder ohne Schmerzen. Yay.
Am Dienstag
ging ich am Abend zu David. Wir treffen uns unter der Woche meistens an der
Redfern Station, welche sich in der Mitte von unseren beiden Wohnorten
befindet. Er kommt dort für gewöhnlich mit dem Zug an, wenn er Feierabend hat.
Wir gehen dann gemeinsam zu seinem Haus. So war es dann auch an dem Abend. Als
wir bei ihm ankamen, packte er einen Blumenstrauss und eine Flasche Champagner
aus. Er sagte dann, dass wir das Ende meines Masters feiern müssen.
Ich war überrascht und etwas unvorbereitet, aber ich habe mich natürlich
sehr gefreut. Wir stiessen, dann auf das Ende meines Studiums an und die Blumen
stehen jetzt in meinem Zimmer.
Am Mittwoch
entschied ich spontan Katya aus dem Mittelalterklub und den Rugby League Team
mit ihrem Kleid zu helfen. Sie mag mein deutsches Mittelalterkleid und fragte
mich vor ein paar Wochen, ob ich ihr zeigen könnte, wie ich das gemacht habe. Ich
rief sie an und fragte sie, ob sie nach Marrickville zum Secondhand Art Supply
Shop mitkommen möchte, um Stoffe anzusehen. Sie war einverstanden und eine
Stunde später sassen wir im Bus mit meiner kranken Nähmaschine. Die Kommune in
Marrickville bietet auch Reparaturdienste an. Dort angekommen, stellte sich
dann heraus, dass ich leider doch einen Fachmann für die Nähmaschine brauche. Jedoch
fanden wir für Katya einen passenden Stoff und gingen wieder zu mir nach Hause.
Dort habe ich sie ausgemessen, liess sie die Stoffteile ausschneiden und habe
dann die Anprobe bei ihr gemacht. Ich war recht stolz. Es war das erste Mal,
dass ich jemandem gezeigt habe, wie man ein Kleid näht inklusive Anprobe. Ich
habe uns dann noch ein kleines Abendessen gekocht und sie mit allen fertig
ausgeschnittenen Bestandteilen für das Kleid nach Hause geschickt. Ich weiss
nun seit dem Abend, dass wenn man keine vernünftige Stoffschere zur Hand hat es
auch eine Pouletschere tut.
Am
Donnerstag dieser Woche fand das Abschiedsessen der Ursulans für dieses
Semester statt. Wir trafen uns alle im Kuleitos in Newtown, wo man Donnestags
zwei Cocktails zum Preis von einem bekommt. Lauren und Jackie entschieden sich
ein Wetttrinken zu veranstalten. Viele haben ihnen davon abgeraten, aber sie
haben es dann trotzdem durchgezogen. Jackie hat gewonnen. Alle sind gesund und
munter, wenn auch vielleicht verkatert. Irgendwann haben wir dann über den
Ententanz gesprochen. Allerdings wusste keiner, was ich meine. Ich habe dann
die Melodie gesummt und da haben alle gesagt, dass das der „Chicken Dance“ sei.
Alle Australier am Tisch waren dieser
Meinung. Nur eine Polin war auf meiner Seite. Wir nahmen die Hilfe von
Google in Anspruch und fanden heraus, dass der ENTENtanz aus der Schweiz kommt
und in anderen Ländern der Chicken- oder Birddance genannt wird. Es sind die
kleinen Erfolge im Leben… Wir assen
wieder im Thai O-Long zu Abend, wie letztes Semester auch. Dieses Mal leider
ohne Da Vincis „letzte Abendmahl“ nach zustellen. Wir waren zu viele Leute.
Gegen zehn Uhr ging ich nach Hause.
Heute war
ich äusserst produktiv. Ich habe meinen Antrag auf das Partnervisum
abgeschickt. Juhuu! Nur noch 22 Monate, bis ich Bescheid bekomme. Danach habe
ich mich für ein paar Jobs beworben, fing an den Blog zu schreiben und habe
zwischenzeitlich am Frühjahresputz des Hauses teilgenommen.
Morgen
stelle ich wieder Pakete für meine Lieben zu Hause zusammen. Ich freu mich auf
die Shoppingtour und hoffe, dass ich alles finde. Bis zum nächsten Blog, welche
ich weiter meine Elektroschocktherapie fortsetzen und den Frühling geniessen.
Ach ja, ausserdem komme ich im nächsten Sommer für drei Wochen zurück in die
Schweiz. Ich will meinen Geburtstag dort feiern, ans MPS gehen und Euch alle mal
wieder drücken.
Bis
demnächst.
Piranialight.
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