Sydney 11 - Fauler Springbreak und freche Polizisten

Donnerstag vor einer Woche ging ich tagsüber wie gewöhnlich meinen Readings nach und war abends von fünf bis sieben in meiner heissgeliebten Social Marketing Vorlesung (Achtung Sarkasmus). Danach schrieb Jas mir, dass sie etwas Unterhaltung nötig hätte. Ich lud sie zu mir ein und wir hatten etwas Wein gespickt mit Deutschunterricht.

Am Freitag verabschiedete ich morgens Jacob, der für seinen Roadtrip nach Darwin flog. Ich wünschte ihm eine gute Reise und sagte ihm, dass er mir eine Postkarte schicken soll. Nach meiner letzten Vorlesung ass kurz mit David zu Abend und ging anschliessend mit einer Freundin aus meinem Mobile Media and Games Kurs etwas trinken. Es war dieselbe Bar in Glebe (BED), in der ich schon mit dem Vorsitzenden des German Klubs der University of Technology Sydney war. Wir sprachen über unseren Kurs, wie man hier gute Noten kriegt und darüber wie sie hier bisher ihre Jobs ergattert hatte. Sie hat dafür online geboten (mit Geld). Hoffe, dass das hier nicht meine einzige Option ist. Ein Unternehmen mit einer solchen Praxis könnte ich nicht ernst nehmen.

Am nächsten Tag hatte ich einen eher faulen Tag. Es war der Beginn des Springbreaks (Frühlingsferien). So ging keine unmittelbare Bedrohung der Universität aus. Ich hatte nichts (!) Dringendes zu tun. Ich war drei Wochen hintereinander täglich mindestens für ein paar Stunden an der Uni. Ich schlief erst mal bis elf Uhr. Ich war unsagbar faul tagsüber. Abends habe ich mich zurechtgemacht. Mein Bekannter Leslie hatte Geburtstag und lud mich zur selben Bar in Glebe ein, in der ich am Tag zuvor schon war. Nun gut ist ja halb so schlimm. Die Bar war recht kuhl. Ich unterhielt mich mit einigen Leuten, war dann um elf Uhr allerdings recht müde und ging wieder Heim.

Am Sonntag hätte ich eigentlich nach Wollongong zu Igor und Camille’s Tanzwettkampf gehen sollen, doch meine Mitfahrgelegenheit wurde gestrichen. Deshalb fing ich an Don Quixote zu lesen. Abends traf ich mich mit David. Er kam zu mir und wir sahen uns den Film The Departed an. Irgendwann gegen Mitternacht kamen meine siegreichen Tänzer vom Wettkampf zurück. Sie brachten zwei Freunde mit und waren in der Küche. Ich kam kurz dazu, um ihnen zu gratulieren. Sie entschuldigten sich im vornerein, da sie vorhatten ihren Sieg zu feiern, was sie auch taten. Ich habe davon nicht viel mitbekommen, weil David und ich um ein Uhr schlafen gingen.

Am meinem freien Montag sass ich wieder in der Uni und arbeitete an meinem Essay für Network Society. Ich kam recht weit und hatte am Ende des Tages die Hälfte fertig.

Dienstag http://piranialight.blogspot.com.au/2016/10/vale-sophia.html

Am Mittwoch ging es mir etwas besser. Ich habe mich die Woche zuvor für einen Foodcrawl der Uni angemeldet. Der fand dann am Mittwoch statt. Wir waren ca. 15 Personen und besuchten vier verschiedene Restaurants von halb zwölf bis vier. Zuerst assen wir ein paar südamerikanische Speisen: Frittiertes Hühnchen mit Jalapeño. Danach ging es zu einem Thai Restaurant mit sechs verschiedenen Speisen. Alle waren der Hammer. Ich kann mich nur nicht mehr an die Namen erinnern. Danach gingen wir in ein Restaurant mit besserem Fastfood. Ich fühlte mich danach schon wie ein Medizinball. Im vierten Restaurant gab’s dann nur noch Sangria und Dessert. Ich spielte mit Whoombie und Monica das Trinkspiel ‘never have I ever…’ («Ich ha no nie…» auf Schweizerdeutsch). Dank dem ganzen Essen waren wir selbst nach vier Gläsern Sangria noch einigermassen nüchtern. Wir verabschiedeten uns und ich lief nach Hause (ca. 50 Minuten). Zu Hause angekommen war ich immer noch viel zu übersättigt. Deshalb ging ich mit Luba nochmals eine Stunde Gassi. Sie hatte ihren Spass und war recht brav. Ich war meine Völle endlich los als ich wieder zu Hause war. Ich skypte noch mit Joy für eine Weile. Wir sprachen über unsere Leben, die nun mehr parallel als gemeinsam verlaufen. Ihr gefiel es nicht, dass ich noch nicht weiss, ob ich zurück möchte. Ich erklärte ihr, was mich dazu bewegt meine Rückkehr 2018 in Frage zu stellen.

In der Schweiz war ich oft sehr glücklich, aber auch festgefahren. Innerlich hatte ich mich verändert, konnte es aber nach aussen nicht zeigen. Meine Mitmenschen hatten ein spezifisches Bild von mir. Das ist Leni und sie hat sich nicht geändert. Immer noch die selbe. Niemand meinte das böse. Die Leute kannten und mochten mich so (meistenteils). Es fiel mir schwer, zu dem Menschen zu werden, der ich eigentlich gerne wäre als ich noch in der Schweiz war. Als ich nach Sydney kam, kannte niemand meine Vorgeschichte. Ich konnte mehr ich selbst sein und an mir arbeiten. Die Leute konnten gar nicht anders als zu akzeptierten, dass die Version, die sie von mir kannten, die einzige ist. Keine Altlasten. Das ist das Unglaubliche, wenn man weit weg zieht. Das Leben wird ungemein simpler. Man hat einen kleinen Freundeskreis vor Ort, eine Beschäftigung und nur halb so viele Ämter, Versicherungen, etc. an die man denken muss. Zudem ist es natürlich auch aufregender. Alles ist neu. Alle Türen stehen einem offen.

Am Donnerstag arbeitete ich etwas an meinen Assignments und traf mich abends nochmals mit David. Wir gingen in ein italienisches Restaurant schauten bei mir noch den Rest des Films The Departed an.

Freitag war der Tag an dem ich nach Maitland ans Mittelalterfest ging. Ich packte morgens meine Sachen und fuhr noch schnell zur Uni, um eine Quittung für meine Eintrittskarte auszudrucken. Auf einmal hörte ich altbekannte Klänge. Megafone und Demonstranten. Ich ging nach Draussen und sah ca. 200 von ihnen vor der Grand Hall im Quadrangle stehen. Ich stellte mich zu den Schaulustigen und hörte mir an, worum es ging. Der ehemalige Prime Minister John Howard sollte an diesem Tag seinen ‘Honorary Doctor’ von der Uni verliehen bekommen. Nun hatte dieser sich während seiner Amtszeit bei den Linken recht unbeliebt gemacht. Nicht nur hat er sich dem Willen der US-Amerikanern gebeugt und australische Truppen nach Afghanistan und in den Irak entsendet, sondern auch die Rechte der Aboriginals beschnitten und zudem die Armee geschickt, um die darauffolgenden Proteste der Aboriginals mit Gewalt zu beenden. Am Rande der Demo standen vier Befürworter Howards mit ihren Schildern… Sie waren alle weiss, jung und männlich. Die Polizei filmte die Demo. Irgendwann filmte mich ein Polizist. Da wurde ich etwas ungehalten. Ich darf ja nicht einmal demonstrieren in diesem Land. Das nervt mich so schon genug. Aber scheinbar mache ich mich schon verdächtig, wenn ich mir Reden anhöre. Ich erhob meine Hände und gab dem Polizisten, der mich filmte mit meiner Körpersprache etwas in der Art von: «Was soll das?», zu verstehen. Er verzog keine Miene und filmte weiter. Frech.

Danach traf ich Céline vom Mittelalter Klub an der Central Station und wir stiegen zusammen in den Zug nach Morisset. Wir spielten die Fahrt über Magic und Sie erzählte mir, wo sie schon überall gelebt hatte. Die Dame ist 22 und lebte für ein paar Jahre in Paris, Polen, Canada und jetzt Australien. Ihr Freund holte uns in Morisset ab und fuhr uns nach Maitland. Als wir ankamen, befanden wir uns irgendwo im Nirgendwo. Wir wurden von zwei Damen mit Klemmbrett begrüsst und mit einem Bändelchen ausgestattet. Sie warnten uns noch vor den giftigen Schlangen in der Gegend und teilten uns mit, wann es Abendessen gab.

Um es kurz zu machen. Das Fest war lustig, wegen der Leute. Da ich allerdings nicht kämpfe, war es recht langweilig tagsüber. Es ist kein Vergleich mit meinem heissgeliebten MPS (Mittelalterlich Phantasie Spectaculum). Ich war auch nicht so glücklich mit den Mitgliedern meines Klubs. Sie waren recht steif und nicht sonderlich unternehmungslustig. So verbrachte ich viel Zeit mit den Leuten ausserhalb des Universitätsklubs. Wir sind Teil der SCA (eine weltweite Mittelalter Gesellschaft). Deshalb war unsere (Uni-) Fraktion nur ein kleiner Teil der eigentlichen Teilnehmer. Am Sonntag fuhr ich wieder nach Hause. Das nächste Fest dürfte spassiger werden. Es ist öffentlicher und mit mehr Leuten. Abends plauderte ich noch mit Alain via Skype. Es tut gut euch zu hören meine alten Freunde.

Am Montag machte ich meine Hausaufgaben und Einkäufe. Abends ging ich mit David den neuen Dokumentarfilm von Louis Theroux über Scientology anschauen. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie Theroux die Menschen zum Sprechen bringt und wie ruhig er immer wirkt. Es war das erste Mal, dass ich sah, wie Scientologen aufgegeben hatten und sich zurückzogen. Wahnsinn.

Am nächsten Morgen arbeitete ich in Rekordtempo an einer Hausaufgabe und wurde von David mit einem Kaffee belohnt. Danach brunchten wir in der Abercrombie Street in der Nähe der Uni. Ich war dann pünktlich um 12 in meiner Academic English Vorlesung. Ich habe mein Essay zurückbekommen. 80 %. Das ist eine Distinction (5 % mehr und ich hätte eine ‘high distinction’ bekommen). War trotzdem eine gute Note. Die Professorin schrieb einige nette Kommentare in mein Essay. Bin ich also auf dem richtigen Weg. Schön.

Das war’s erstmal. Die Uni geht weiter.

Bis demnächst.

pirania light.

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