Sydney 10 - Ich bin jetzt auch Teil eines collective nouns (a pair)
Jetzt ist die Katze also aus dem Sack. Ich
habe einen Freund. Sein Name ist David und er stammt aus Sydney, geboren und
aufgewachsen. Ich habe euch, liebe Leser, ein wenig angeflunkert in der Vergangenheit.
Ich habe ihn an einem Punk Konzert im Bald Faced Stag Ende Juli kennen gelernt
und seither viel Zeit mit ihm verbracht. Wenn ich euch etwas von einem Date mit
ihm erzählt habe, benutzte ich meine Metalfreunde, Jacob und andere als
Tarnung. Ich war mit David am Maroubra Beach und habe mit ihm gebruncht. Er war
mit mir im Toronga Zoo, hat mir den geheimen Garten auf der anderen Seite der
Harbour Bridge gezeigt und war mit mir an der Comedy Show. Ja gut. Ich hoffe,
ihr seid mir nicht böse. Aber ihr wisst ja wie das ist, wenn man jemanden
kennen lernt. Zu Beginn ist ja auch gar nicht klar wohin das führt. Aber jetzt
ist es offiziell und kann meine Kreativität für andere Dinge verwenden.
Wegen der Uni hatte ich in den letzten zwei
Wochen Hochbetrieb. Ich hatte viel zu lesen und zu schreiben. Vielleicht kann
ich meine Erlebnisse ja doch noch zusammenklauben.
Am Samstag, 10. September war ich tagsüber
am Schreiben und ging abends an ein Konzert von Frenzal Rhomb. Das ist eine
sehr berühmte Punkband aus Sydney. Das Konzert war in der Manning Bar, welche
auf dem Campus ist und Nahe bei meinem zweiten zu Hause, dem Quarter Study
Space. Das war äusserst praktisch, da ich ja ohnehin noch am Schreiben war.
Dort angekommen lernte ich Stefan und Danny kennen. Stefan erinnerte mich etwas
an Helge Schneider, weil er so ein schräger Vogel war. Er brach mehrere Male
mitten im Gespräch in Headbangen aus und gab einen seiner geliebten Songs zum
Besten. Danny hingegen beindruckte durch seinen breiten Bogan (Redneck,
Hinterländler) Dialekt, den ich nicht immer verstand. Das Konzert war super,
wenn auch etwas rau. Mit rau meine ich den Moshpit/Pogo. Ich blieb am Rand. Ich
glaube die Leute waren so heftig am moshen/pogen, weil die meisten von ihnen
auf Koks waren. Jaja. Als ich hier ankam, war ich schon überrascht, dass Kokain
in Punkerkreisen so beliebt ist. Bin ja glücklicherweise frei von Gruppenzwang
und rühre das Zeugs nicht an. Nach dem Konzert ging ich zurück in den Quarter
Study Space und schrieb noch etwas weiter an meinem Essay.
Sonntags arbeitete ich morgens weiter an
meinem Essay und ging am späten Nachmittag mit David, Kate, Marianne, Rachel
und James Boule spielen. Das spielen die Australier nicht auf Kies, sondern auf
einem Rasen und die Kugeln sind eher scheibenförmig und haben einen Schwerpunkt
auf einer Seite. Die Kugel macht während des Rollens deswegen immer eine Kurve.
Nach dem Spiel sind wir dann zu mir gegangen, haben thailändisch gegessen und
die Serie Narcos (Geschichte über Pablo Escobar) geschaut.
Am Dienstag ging ich zum ersten Mal in die
International Lounge der Uni. Es ist super gemütlich und gut ausgestattet. Es
gibt einen Lernbereich, der schön ruhig ist, aber auch einen Lärmbereich, einen
Entspannungsbereich mit bequemen Sofas und Kissen, sowie Karten-, Brettspiele
und Billardtische. Ich fläzte mich erst mal auf ein Sofa und las meine E-Mails.
Auf einmal hörte ich ein paar Leute Cards against Humanity spielen. Da habe ich
mich natürlich dazugesellt. Es waren ein paar Undergrads und ich habe den
zweiten Platz gemacht. Danach ging ich zum Treffen des Mittelalterklubs. Paddy,
ein Physiker und der einzige Doktorand im Klub, hat versucht mir zu erklären, was
die String Theorie ist und was er in seiner letzten veröffentlichen
Forschungsarbeit getan hat, welche er nächste Woche an einem Kongress in Mexiko
vorstellen wird. Ich habe es ein wenig verstanden. Danach sprachen wir über das
Brauen von Bier, Cider und Met, denn er ist auch Mitglied in der Brauergilde
des Klubs. Da möchte ich ja auch hineinkommen.
Um sieben gingen wir in die Forrest Lodge
wie jeden Dienstag. Wir sprachen über die kommenden Spring Wars
(Mittelalterfest in Maitland, NSW) und über australische Umgangssprache. Hier
ein paar meiner Lieblinge:
Kangoroos loose on the top
paddock
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Nicht mehr alle Tassen im Schrank
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Fair go mate
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mach mal ‘nen Punkt. Sei nicht so streng mit mir.
(Obacht! Kann auch heissen: «Gut gemacht!» Ist dann aber sehr sarkastisch).
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Good on ya mate
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Gut gemacht (nicht sarkastisch)
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Not within Cooeee
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nicht in der Nähe
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20 clicks
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20 Kilometer
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Bloody oath!
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Wow/echt jetzt/krass/mit Sicherheit
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Dingo’s Breakfast
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Kein Frühstück
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Sparrow’s fart
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Sonnenaufgang, sehr früh am Morgen
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Heaps
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viel
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Iffy
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riskant
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Who opened their Lunch?
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Wer hat gefurzt
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Hit the turps
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Auf Sauftour gehen
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Bloke
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Mann
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Sheila
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Frau
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Bogan
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Redneck, Hinterwäldler (bei uns wahrscheinlich die
Walliser oder Bündner)
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To crack a fat
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eine Erektion kriegen (wie kommt man auf so etwas?)
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Also die meisten Fluchwörter habe ich jetzt
mal weggelassen. Aber lasst euch gesagt sein, die lieben Australier fluchen wie
die Rohrspatzen.
Am Mittwoch spazierte ich nach der Lernerei
mit Jas durch Annandale und zum Meer. Wir sprachen über meine neu gelernten
Wörter und ich brachte ihr etwas Deutsch bei. Wir spielten irgendwann ein
Spiel, bei dem wir spezielle Wörter und Sprichwörter nannten und die andere
Person musste raten, was es sein könnte. Ich brachte ihr Wörter bei wie
Schofseggel, Sandkastenliebe und Geborgenheit (gibt’s leider nicht im
Englischen) und sie brachte mir ein paar essensbezogene Begriffe bei. Ich
glaube sie war hungrig.
Am Donnerstag holte mich David nach der
Vorlesung für Social Marketing ab und wir gingen Fajitas essen im Suburb Glebe.
Wir sprachen über das kommende Sydney Underground Film Festival (kurz SUFF,
hihi) am kommenden Wochenende.
Am Freitag ging ich abends nach der
Vorlesung zum Film Festival, welches wieder im Factory Theater in Marrickville
stattfand, wie die Fringe Comedy shows zwei Wochen zuvor. David und ich assen
zuvor noch im Vic Pub zu Abend und gingen anschliessend zur Tankstelle, um
Knabbereien für die beiden Filme zu kaufen, bevor wir reingingen. Der erste
Film war ein Dokumentarfilm namens «Hooligan Sparrow». Eine Filmemacherin
begleitete die in China bekannte Politaktivistin mit demselben Namen. Es war
eindrücklich und schockierend, wie viel Macht die chinesische Regierung hat.
Die Filmemacherin, die Aktivistin und alle in ihrem Umfeld wurden regelmässig eingeschüchtert,
verhaftet und festgehalten ohne Anklage, bedroht und sogar aus ihren Häusern
vertrieben. Der zweite Film war dann etwas entspannter. Ein schräger Streifen
aus Japan, namens «Virgin Psychics». Anfangs
war die übertriebene Triebhaftigkeit der Rollen ja noch lustig, aber mit der
Zeit war ich übersättigt vom platten, sexgeladenen Humor.
Samstags war ich dann abends an einem
Konzert in der Manning Bar. Dieses Mal waren die Leute eher betrunken und high
von Marihuana, weil die Bennies (eine Ska-, Rock-, Psychodellic- usw. Band)
auftraten. Die beiden Vorbands waren super. Die erste war eine Mischung aus
Tool und Foo Fighters. Die zweite Band war eine Metalband mit einer kleinen
Asiatin, welche ausserordentlich gut «screamen» konnte. Ich habe sie nach dem
Konzert angesprochen. Sie stammt aus Melbourne und studiert dort Mathematik.
Ich traf danach wieder auf Stefan (den
australischen Helge Schneider). Wir plauderten ein wenig. Als wir seine Freunde
dazu bewegen wollten aufzustehen, ermutigte ich ihn, seine übersinnlichen
Kräfte zu verwenden. Er kniff die Augen zusammen, legte Zeige- und Mittelfinger
an die Schläfe und fokussierte seine Freunde, welche am Boden sassen. Und
tatsächlich! Sie erhoben sich. Langsam aber stetig. Die Bennies waren super. Ich
habe das ganze Konzert durchgetanzt. Danach ging ich nach Hause.
Der Sonntag war recht normal bis auf die
Nacht hin zum Montag. Die war grässlich. Um vier Uhr morgens klopfte es zuerst
an der Türe und dann an meinem Fenster. Ich war etwas schlaftrunken und hab
zuerst einmal nichts gerafft. Als ich begriff, dass da jemand vor meinem
Fenster im Erdgeschoss steht und klopft, bekam ich etwas Panik (Zum Glück
wusste ich, wo mein Handtuch war). Ich brüllte in meiner besten
Fischweibstimme: «WHO IS THIS?!». Ich hörte nur eine sehr eingeschüchterte
Stimme sagen: «Eh, it’s me, Jacob. I’m so sorry I forgot my keys.». Ich liess
ihn rein und sagte ihm, er schulde mir ‘ne Cola light für diese Nummer. Um sechs
Uhr morgens kam dann Igor und Camilles Massagetherapeut. Er hat dann auch
sogleich seine Arbeitsstation im Wohnzimmer aufgebaut (neben meinem Zimmer).
Sie haben sich dann nett unterhalten und gelacht, während dem ich mich im Bett
gewälzt und sie verflucht habe. Irgendwann gab ich dann auf und stand auf. Sie
entschuldigten sich und ich hab’ nur ein: «It’s fine.» zurückgeschnauzt. Ich
bin schon ein ziemlicher Stinkstiefel am Morgen.
Am Montag gingen Jacob und ich in die Law
Library um an unseren Essays zu arbeiten. Mir gegenüber sass ein komischer
Kauz. Er lugte während den acht Stunden, die ich da war, regelmässig rüber. Als
ich dann endlich mit dem Essay fertig war und mein Zeugs packte, wurde er auf
einmal ganz hektisch und packte ebenfalls seinen Kram. Er ging dann neben mir
gen Ausgang. Ich machte eine scharfe Kurve zu den Computern und setzte mich
dort hin. Er warf mir einen erbosten Blick zu und stürmte raus. Ich musste noch
etwas ausdrucken. Deshalb ging ich zu den Computern. Aber der Kerl war schräg.
Danach ging ich mit Jacob einen Happen im Foodcourt vom nahegelegenen Broadway
Shopping Center essen. Der Gute geht nächste Woche mit drei Freunden nach
Darwin, von wo aus sie mit dem Auto runter fahren bis nach Adelaide. Ich bin ja
so neidisch. Aber ich muss noch bis Januar warten mit Reisen.
Am Dienstag hatte ich meine Präsentation im
Seminar Academic English for Postgraduates. Ich habe Hofstedes sechs kulturelle
Dimensionen vorgestellt mit speziellem Augenmerk auf die hiesigen kulturellen
Tendenzen. Nachmittags ging ich mit Camilla und einer ihrer Freundinnen in
Glebe einen Kaffee trinken. Wir sprachen
über Collective Nouns. Das sind Sammelbegriffe wie: einen Haufen, eine Gruppe,
ein Bündel, eine Schulklasse, eine Rotte, ein Rudel, ein Schwarm. Im Englischen
gibt es welche, die saukomisch sind. Z.B. a murder of crows, a congress of
racoons, a lick of lemons. David hat mich darauf gestossen vor ein paar Wochen.
Wir haben dann auch angefangen unsere eigenen collective nouns zu erfinden. Meine Favoriten sind: a paragraph of law students,
a stockmarket of business students, a debt of medicine students and a whored of
prostitutes. Camilla ist eine Jurastudentin, weshalb a “paragraph
of law students” natürlich passend war. Nachher spielten wir etwas Billard in
der International Lounge auf dem Campus. Wir sind beide gleich schlecht,
weshalb wir trotzdem noch Spass hatten. Danach ging ich wieder zum
Mittelalterklub und anschliessend zum Pub.
Am Mittwoch traf ich David am Nachmittag,
weil er diese Woche Nachtschicht arbeitet. Ich fragte ihn, was mein Titel in
seinem Leben eigentlich sei. Er meinte nur: «You’re my Girlfriend. What else?».
Das hätte der Gute mir ja ruhig mal sagen können. Er entschuldigte sich bei mir
auch und meinte: «Didn't you know that?! Aww mate, I'm sorry. That must have been a drag.”.
Wir schauten uns ein paar Folgen “Narcos” an. Danach ging er zur Arbeit und ich
zur Uni, um an meinem Essay für Social Marketinig zu arbeiten. Um 11 Uhr war
ich dann fertig und ging endlich Heim.
Ich schreibe noch mein Abstract für Network
Society und gehe am Sonntag an einen von Igor und Camille’s Tanzwettkämpfen in
Wollongong. Nächste Woche habe ich dann «frei». D.h. ich schriebe an meinen
Essays und Gruppenarbeiten. Aber es wird wohl etwas entspannter als sonst.
Liebe Grüsse und G’day
Bis demnächst
pirania light
P.S. Als ich diese Zeilen schrieb hörte ich
ein paar alte Songs von Beck.
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