Sydney 5 - Zwei Biere und einen Norweger bitte
01.08.2016
Am Montag traf ich Camilla an der Uni auf einen Kaffee. Wir plauderten über unsere Erlebnisse vom Wochenende. Ich lud sie zum Barbecue nächsten Samstag ein. Danach tat ich das selbe wie immer: Lernen, lernen, schreiben, übersetzen, Haare raufen, eine rauchen und das Ganze wiederholen.
02.08.2016
Am Dienstag sprachen wir in der Academic English Vorlesung über die Entwicklungen Der Hochschulen hin zu profitorientierten Institutionen zum Leidwesen der freien Künste. Das traditionelle Hochschulwesen steht für das Lernen und das Schaffen neuen Wissens um des Wissens Willen, Dank Budgetkürzungen durch den Staat und Teil- bis Vollprivatisierung, werden die Fakultäten dezimiert, welche wirtschaftlich nicht lukrativ genug sind. Gerade solche wie Philosophie, Sprachen, Kunst, etc. Diese seien aber die Schule des freien Denkens, welche für unsere Demokratien so wichtig seien u.s.w.
Dies Phänomen mag im angelsächsischen Raum vorhanden sein, aber weiger bei uns Schweizern. Die Studiengebühren sind bezahlbar und wenn jemand Linguistik studieren will, findet er/sie sicher irgendwo in der Schweiz einen passenden Studiengang. Auch an den Schweizer Unis wird gekürzt, aber noch lange nicht so drastisch und kompromisslos wie im angelsächsischen Raum.
Was mich an der Lektüre hier fasziniert ist, dass sie nicht so gnadenlos praktisch orientiert ist, wie ich mir das von meinem Bachelorstudiengang gewöhnt bin. Das ist nicht unbedingt besser oder schlechter, aber definitiv erfrischend und neu für mich.
Nach der Vorlesung arbeitete ich etwas weiter an meinem "guide the class" assignment und ging später zum Treff des Mittelalterklubs. Heute nahmen wir Mass für unsere Kleider. Danach gingen wir in den Pub. Dort gab es in einem Teilbereich unmittelbar neben unserem Tisch ein Pubquiz. Zu meinem Unmut hatte der Moderator ein Mikro. Er war so laut, dass ich Lauren fünf Dollar bot, wenn sie ihm das Mikro entwendete. Sie fand die Idee toll, konnte den Mut allerdings nicht aufbringen.
Ich schlug das Spiel vor, bei dem jeder einen Satz schreibt, das Papier faltet, dem Nachbar weiter gibt u.s.w., bis am Ende eine Geschichte entsteht (die besten zwei findet ihr hier).
03.08.2016
Am Mittwoch morgen hatte ich meine Präsentation und war wieder in meinem Element (ich bin halt eine Rampensau). Nach der Vorlesung bat ich den Professor um seine Einschätzung und Kritik. Er war sehr freundlich und sagte, dass ich entweder eine "distinction" (75-84 %) oder eine "high distinction" (85-100 %) für die Präsentation bekäme. Danach lief ich den ganzen Tag mit einem Grinsen durch die Gegend und las noch etwas für ein anderes Fach.
Abends holte ich Jacob (mein Norwegischer Mitbewohner) vom Flughafen ab. Der Schelm ging für eineinhalb Wochen zurück nach Norwegen und Italien. Ich begrüsste ihn mit zwei Bieren in der Hand und er, ganz unskandinavisch, war so glücklich, dass er mich ein paar mal feste drücken musste. Es schüttete in Strömen draussen. Deshalb nahmen wir ein Taxi zurück zum Haus.
04.08.2016
Am Donnerstag war ich tagsüber am Lernen. Um vier war das International Welcome Dinner. Es gab Tacos und Wein. Die Veranstalter wollten mich sofort mit dem einzigen anderen Schweizer verkuppeln, Giles. Er stammt aus Lausanne, studiert international relations und findet Schweizerdeutsch hässlich. Da musste ich ihm natürlich (verbal) eins auf die Kappe geben. Ich sprach schliesslich auch Französisch mit ihm.
Dann bekam ich eine Nachricht von Camilla, ob ich auch zum Supra Wine and Cheese Event käme. Ich packte meine Sachen und ging hin. Dort traf ich nebst Camilla einen Medizin- und einen Jurastudenten. Wir plauderten ein wenig, als Kristina mir schrieb, ob ich noch zum Pub Crawl ins "two wolfs" käme. Ich packte meine drei Gesprächspartner ein und ging hin. Das fliegende Spaghettimonster oben im Himmel schickte mir einen Einkaufswagen, in welchem mich der Medizinstudent singend durch die Stadt fuhr. Die Bar war voller Studenten, aber meine Batterien waren schnell leer. Deshalb machte ich um elf die Fliege.
05.08.2016
Am Freitag war ich tagsüber mit meinen Readings im Quarter beschäftigt. Um vier war die Vorlesung. Danach ging ich mit Jacob Fleisch für das BBQ am Samstag einkaufen. Später nahm er mich zu einem Treff der norwegischen Studentenvereinigung mit. Wir gingen in eine Bar in Double Bay namens Shief. Es war eine noble Gegend. Die Norweger sind in traditioneller Wikingermanier mit 100 Studenten eingefallen. Überall blonde Haare und Bärte. Ich sprach wieder einmal mit Hinz und Kunz. Jacob und ich gingen um ein Uhr wieder Heim.
06.08.2016
Am Samstag überkam mich dieses komische Gefühl. Ich war recht gestresst während der Vorbereitung für das BBQ. Es lief wieder einmal nichts so wie ich es geplant hatte. Normalerweise macht mir das nichts aus, aber an dem Tag war es mir nirgends recht. Camilla und Jacob waren dabei. Wir sprachen darüber, dass diese Erfahrung hier wichtig sei, um uns selbst zu finden und dass wir zu Hause nichts verloren hätten. Ich war sowieso schon etwas gestresst und schlecht gelaunt. Ich glaube, dass ich langsam den berühmten Kulturschock habe.
Abends ging ich mit ein paar Metalfreunden weg. Das half, mich wieder runter zu holen.
07.08.2016
Am Sonntag brunchte ich mit ein paar der Metalleute und ging danach an den Maroubra Beach. Das Wasser war angenehme 20 °C und es windete. Die Australier fandet das Wasser natürlich viel zu kalt. Ich watete durch das Meer und wir plauderten über die übelsten australischen Massenmörder sowie die hiesige Politik.
Um sechs war ich wieder zu Hause. Ich sah etwas fern und versuchte zu lernen. Da kam auf einmal der Kulturschock wieder hervor. Es ist kein Gefühl von Trauer. Es ist dieses Unwohlsein. Man will weg, aber nicht Heim. ein bisschen Angst spielt wohl auch noch rein. Vor allem fühlte ich Stress. Nichts war recht. Alles war irgendwie unvollständig oder kreuzfalsch. Ich sah mir einen Film an, um auf andere Gedanken zu kommen.
Um elf kam Jacob von seinem Lernmarathon in der Uni nach Hause. Ich habe ihn mir sofort geschnappt und ihm erzählt, was mir mit los war. Wir öffneten eine Flasche Wein und spielten ein von mir erfundenes Spiel: Was magst du an Australien oder dem Umstand,, dass du hier bist.
Am Montag traf ich Camilla an der Uni auf einen Kaffee. Wir plauderten über unsere Erlebnisse vom Wochenende. Ich lud sie zum Barbecue nächsten Samstag ein. Danach tat ich das selbe wie immer: Lernen, lernen, schreiben, übersetzen, Haare raufen, eine rauchen und das Ganze wiederholen.
02.08.2016
Am Dienstag sprachen wir in der Academic English Vorlesung über die Entwicklungen Der Hochschulen hin zu profitorientierten Institutionen zum Leidwesen der freien Künste. Das traditionelle Hochschulwesen steht für das Lernen und das Schaffen neuen Wissens um des Wissens Willen, Dank Budgetkürzungen durch den Staat und Teil- bis Vollprivatisierung, werden die Fakultäten dezimiert, welche wirtschaftlich nicht lukrativ genug sind. Gerade solche wie Philosophie, Sprachen, Kunst, etc. Diese seien aber die Schule des freien Denkens, welche für unsere Demokratien so wichtig seien u.s.w.
Dies Phänomen mag im angelsächsischen Raum vorhanden sein, aber weiger bei uns Schweizern. Die Studiengebühren sind bezahlbar und wenn jemand Linguistik studieren will, findet er/sie sicher irgendwo in der Schweiz einen passenden Studiengang. Auch an den Schweizer Unis wird gekürzt, aber noch lange nicht so drastisch und kompromisslos wie im angelsächsischen Raum.
Was mich an der Lektüre hier fasziniert ist, dass sie nicht so gnadenlos praktisch orientiert ist, wie ich mir das von meinem Bachelorstudiengang gewöhnt bin. Das ist nicht unbedingt besser oder schlechter, aber definitiv erfrischend und neu für mich.
Nach der Vorlesung arbeitete ich etwas weiter an meinem "guide the class" assignment und ging später zum Treff des Mittelalterklubs. Heute nahmen wir Mass für unsere Kleider. Danach gingen wir in den Pub. Dort gab es in einem Teilbereich unmittelbar neben unserem Tisch ein Pubquiz. Zu meinem Unmut hatte der Moderator ein Mikro. Er war so laut, dass ich Lauren fünf Dollar bot, wenn sie ihm das Mikro entwendete. Sie fand die Idee toll, konnte den Mut allerdings nicht aufbringen.
Ich schlug das Spiel vor, bei dem jeder einen Satz schreibt, das Papier faltet, dem Nachbar weiter gibt u.s.w., bis am Ende eine Geschichte entsteht (die besten zwei findet ihr hier).
03.08.2016
Am Mittwoch morgen hatte ich meine Präsentation und war wieder in meinem Element (ich bin halt eine Rampensau). Nach der Vorlesung bat ich den Professor um seine Einschätzung und Kritik. Er war sehr freundlich und sagte, dass ich entweder eine "distinction" (75-84 %) oder eine "high distinction" (85-100 %) für die Präsentation bekäme. Danach lief ich den ganzen Tag mit einem Grinsen durch die Gegend und las noch etwas für ein anderes Fach.
Abends holte ich Jacob (mein Norwegischer Mitbewohner) vom Flughafen ab. Der Schelm ging für eineinhalb Wochen zurück nach Norwegen und Italien. Ich begrüsste ihn mit zwei Bieren in der Hand und er, ganz unskandinavisch, war so glücklich, dass er mich ein paar mal feste drücken musste. Es schüttete in Strömen draussen. Deshalb nahmen wir ein Taxi zurück zum Haus.
04.08.2016
Am Donnerstag war ich tagsüber am Lernen. Um vier war das International Welcome Dinner. Es gab Tacos und Wein. Die Veranstalter wollten mich sofort mit dem einzigen anderen Schweizer verkuppeln, Giles. Er stammt aus Lausanne, studiert international relations und findet Schweizerdeutsch hässlich. Da musste ich ihm natürlich (verbal) eins auf die Kappe geben. Ich sprach schliesslich auch Französisch mit ihm.
Dann bekam ich eine Nachricht von Camilla, ob ich auch zum Supra Wine and Cheese Event käme. Ich packte meine Sachen und ging hin. Dort traf ich nebst Camilla einen Medizin- und einen Jurastudenten. Wir plauderten ein wenig, als Kristina mir schrieb, ob ich noch zum Pub Crawl ins "two wolfs" käme. Ich packte meine drei Gesprächspartner ein und ging hin. Das fliegende Spaghettimonster oben im Himmel schickte mir einen Einkaufswagen, in welchem mich der Medizinstudent singend durch die Stadt fuhr. Die Bar war voller Studenten, aber meine Batterien waren schnell leer. Deshalb machte ich um elf die Fliege.
05.08.2016
Am Freitag war ich tagsüber mit meinen Readings im Quarter beschäftigt. Um vier war die Vorlesung. Danach ging ich mit Jacob Fleisch für das BBQ am Samstag einkaufen. Später nahm er mich zu einem Treff der norwegischen Studentenvereinigung mit. Wir gingen in eine Bar in Double Bay namens Shief. Es war eine noble Gegend. Die Norweger sind in traditioneller Wikingermanier mit 100 Studenten eingefallen. Überall blonde Haare und Bärte. Ich sprach wieder einmal mit Hinz und Kunz. Jacob und ich gingen um ein Uhr wieder Heim.
06.08.2016
Am Samstag überkam mich dieses komische Gefühl. Ich war recht gestresst während der Vorbereitung für das BBQ. Es lief wieder einmal nichts so wie ich es geplant hatte. Normalerweise macht mir das nichts aus, aber an dem Tag war es mir nirgends recht. Camilla und Jacob waren dabei. Wir sprachen darüber, dass diese Erfahrung hier wichtig sei, um uns selbst zu finden und dass wir zu Hause nichts verloren hätten. Ich war sowieso schon etwas gestresst und schlecht gelaunt. Ich glaube, dass ich langsam den berühmten Kulturschock habe.
Abends ging ich mit ein paar Metalfreunden weg. Das half, mich wieder runter zu holen.
07.08.2016
Am Sonntag brunchte ich mit ein paar der Metalleute und ging danach an den Maroubra Beach. Das Wasser war angenehme 20 °C und es windete. Die Australier fandet das Wasser natürlich viel zu kalt. Ich watete durch das Meer und wir plauderten über die übelsten australischen Massenmörder sowie die hiesige Politik.
Um sechs war ich wieder zu Hause. Ich sah etwas fern und versuchte zu lernen. Da kam auf einmal der Kulturschock wieder hervor. Es ist kein Gefühl von Trauer. Es ist dieses Unwohlsein. Man will weg, aber nicht Heim. ein bisschen Angst spielt wohl auch noch rein. Vor allem fühlte ich Stress. Nichts war recht. Alles war irgendwie unvollständig oder kreuzfalsch. Ich sah mir einen Film an, um auf andere Gedanken zu kommen.
Um elf kam Jacob von seinem Lernmarathon in der Uni nach Hause. Ich habe ihn mir sofort geschnappt und ihm erzählt, was mir mit los war. Wir öffneten eine Flasche Wein und spielten ein von mir erfundenes Spiel: Was magst du an Australien oder dem Umstand,, dass du hier bist.
- Mein Englisch verbessert sich rapide.
- Die Uni behandelt uns wie Menschen und nicht wie Arbeitskräfte. Sie inspiriert und beflügelt.
- Ich habe hier eine Zukunft. Alle Türen stehen mir wieder offen.
- Ich werde ich noch so viel Neues sehen. Es stehen mir noch unzählige erste Male bevor.
- Der Sommer kommt bald und dauert lange.
- Die alternative Musikszene ist gross und vielfältig in Sydney.
- Die Leute nehmen mich so wie ich bin.
- Ich bin wieder in meinem Element. Lerne Neues, treffe Leute, bin mutig.
08.08.2016
Nach dieser Nacht fühlte sich alles wieder besser an. Die Sonne scheint. Ich sitze gerade im Quarter und widme mich nach diesen Zeilen wieder meinen Readings für diese Woche. Macht euch jetzt bloss keine Sorgen. So was kommt vor und geht vorbei.
Bis demnächst.
piranialight.
P.S.
Als ich diese Zeilen schrieb hörte ich mir ein paar alte Songs von Blur an.
Als ich diese Zeilen schrieb hörte ich mir ein paar alte Songs von Blur an.
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